Montag, 29. Juni 2015

Die Quincen in Paraguay

Als Quince (spanisch für 15) bezeichnet man den fünfzehnten Geburtstag eines Mädchens, der in vielen Teilen Lateinamerikas sehr groß gefeiert wird. Man feiert den Übergang vom Kind zum Erwachsenen, in Paraguay mit riesigen Partys am Wochenende, oft in riesigen Ballsälen oder großen Clubs, mit ausgefallener Dekoration und vielen Gästen. Diese müssen sich zu den Partys extra schick machen, was oft Stunden dauert.

Meine erste Quince ist die eines Mädchens aus der Goethe Schule, eine Stufe unter mir. Sie hat beinahe die ganze Schule eingeladen und feiert in einem der größten Clubs, dem Centenario.  Es gibt personalisierte Einladungen für die Freunde und kleine Eintrittskarten für alle anderen.  Bereits an diesen kann man sehen, was der Stil der Quince ist; eine weiße Schneeflocke auf hellblauem Grund. In Paraguay ist momentan Winter, auch wenn es über 20 °C warm ist.

Offiziell beginnt die Party um neun Uhr, doch Sofi meint, dass dann noch Niemand da ist, also gehen wir erst um halb elf. Schließlich gibt es vorher noch genug zu tun. Meine Haare und das Make Up macht Sofi, ich habe nämlich keine Ahnung wie man bei einem solchen Anlass auszusehen hat. Das Ganze dauert etwas mehr als eine Stunde. Zuerst werden meine Haare Strähne für Strähne um den Lockenstab gewickelt und vorne zurück gesteckt, dann kommen die Augen. In Deutschland würde man das Ganze definitiv „übertrieben“ nennen, doch hier in Paraguay gehöre ich zu den Leuten, die unauffällig geschminkt sind.  Die Jungs auf den Quincen tragen entweder Anzüge (wenn sie das Mädchen gut kennen) oder Hemden. Die Mädchen haben es etwas schwerer: wir tragen Kleider, manchmal auch Röcke oder Hotpants, und hohe Schuhe. Ich habe ein schönes, dunkelblaues Kleid aus Deutschland und 11 cm hohe, hellbraune Schuhe. Zum Glück gibt es nicht allzu viele Treppen im Centenario, denn  ich bin nicht unbedingt geübt im Laufen auf hohen Schuhen.


Die Party ist riesig. Sofis Eltern setzen uns vor dem Eingangstor ab und um auf das Gelände zu kommen müssen wir erst einmal unsere Eintrittskarten vorzeigen. Der Platz vor der Halle ist voll von kleinen Grüppchen von Menschen, die auf ihre Freunde warten, oder sich unterhalten. Wir werden noch einmal kontrolliert und können dann rein.  Man kann es nur als umwerfend beschreiben: bereits mehrere hundert Jugendliche, alle ca. zwischen dreizehn und siebzehn Jahren alt haben sich eingefunden. In der Mitte gibt es eine große Tanzfläche und eine Bühne. An den Seiten Stehtische und Bänke, riesige Süßigkeiten Buffets, Stände mit verschiedenstem Essen und Smoothies, große Torten und alles was man sich an Dekoration so vorstellen kann. Wie bereits gesagt ist das Thema Winter und Schnee, also ist alles blau-silber: die Vorhänge, die großen Vasen mit Blumen, sogar das Essen.  In der Ecke steht eine Fotobox, in der jeder gratis so viele Fotos machen kann wie er will, ein besonderes Highlight.


Als wir rein kamen, spielte bereits das ganze Orchester (bestimmt zwanzig  Personen), einige Minuten später kam dann der Walzer der Quinceañera. Eigentlich warten alle nur sehnsüchtig auf das Ende der Musik, das heißt nämlich, man kann endlich essen. Und es gibt eine so große Auswahl! Gleich am Anfang werden Tüten verteilt, die man am Süßigkeiten Büffet füllen kann. Es sieht schon lustig aus, ein Haufen von schick hergemachten Jugendlichen stürzt sich, mit Tüten bewaffnet auf zwei große Tische und schnappt sich alles, was irgendwie essbar aussieht, während der Hintergrund aussieht als wäre man in einem kitschigen Disneyfilm gelandet.



Der Abend macht extrem viel Spaß, alle Deutschen sind da, außerdem das ganze Colegio Goethe (auch wenn man mit dem ganzen Make Up nicht unbedingt alle gleich erkennt). Wir machen Fotos, quatschen, und irgendwann wird dann auch getanzt. Dazu werden für die Mädchen Stoppersocken verteilt. So kann man seine hohen Schuhe ausziehen ohne seine Strumpfhose zu ruinieren. Leider gibt es immer viel zu wenige und ich bekomme keine mehr ab. Getanzt wird zur Südamerikanischen Musikrichtung Reggaeton und zu einigen Pop-Liedern und es macht ziemlich viel Spaß. Alkohol gibt es auf den Quincen eigentlich keinen. Natürlich wird immer etwas rein geschmuggelt, doch viele trinken nicht.


Wir bleiben bis kurz nach zwei. Die Party war dort noch im vollen Gange, doch es war schon ziemlich spät und ich war auch etwas müde. Am Ende tun meine Füße von den Schuhen schrecklich weh und dank der Musik kann ich nicht mehr richtig hören. Trotzdem hat der Abend mega viel Spaß gemacht und war etwas, das ich wirklich noch nie erlebt hab. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen mich jedes Wochenende so aufwändig fertig zu machen und wie eine Familie so ein Event finanzieren kann, weiß ich auch nicht. 

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