Dienstag, 14. Juli 2015

Der Papst in Paraguay

Ich glaube es gibt keine Worte die ich in den letzten Tagen öfter gehört habe als die Worte „Papa Francisco“. Ja, wie man wahrscheinlich auch in den Nachrichten in Deutschland gehört hat, war der Papst für drei Tage in Asuncion und hat das ganze Land in den Ausnahmezustand versetzt.  Man muss wissen, dass mehr als neunzig Prozent von Asuncións Bevölkerung Katholisch ist und die meisten das ganze ziemlich ernst nehmen. Viele, auch junge Menschen besuchen jede Woche die Kirche, tragen Kreuze und haben heiligen Bilder in den Häusern. Also ist es verständlich, dass der erste Besuch eines Papstes in der Geschichte Paraguays viel Aufregung verursacht. Straßen wurden neu gemacht und umbenannt, Altare wurden gebaut, die ganze Stadt ist mit Plakaten und der weißgelben Flagge des Vatikans geschmückt und einige Schulen haben sogar ihre Ferien vorgeschoben.


Am Freitag ist Franziskus mit dem Flugzeug aus Bolivien angereist. Auf allen Fernsehsendern liefen Countdowns und das ganze Land hat den Weg des Papas für Stunden live verfolgt. Halb Asuncion hat dann am Flughafen gewartet um einen Blick darauf werfen zu können, wie der heilige Vater mit einer großen Show von Tänzern und allen wichtigen Politikern und Kirchenmännern  begrüßt wurde, um anschließend im Papamóvil zum Palast zu fahren.

Genau das hat der Papst dann in den nächsten Tagen gemacht. Gottesdienste besuchen, Leute grüßen, Slums besuchen, wichtige Reden halten, noch mehr Gottesdienste… und alles wurde live übertragen. Am Samstag habe ich ihn dann zum ersten Mal lebendig gesehen. Ich war grade zusammen mit Sofi, ihrem Freund, Henni und ihrer Austauschschwester Maia in einem Shoppingcenter, als bekannt wurde, dass er bald in einer naheliegenden Straße vorbeifahren würde. Also rennen wir mehrere Blocks weit, bei knapp dreißig Grad im Schatten, nur um später noch eine viertel Stunde warten zu müssen. Zusammen mit vielen anderen Leuten stellen wir uns an den Straßenrand. Es ist so verdammt heiß! Es werden Flaggen, Broschen und T-Shirts verkauft und die ganze Straße ist gesäumt von Menschen, die ungeduldig warten.


 Die Ankunft des Papstes wird von dem dröhnen mehrerer Militärhubschrauber über unseren Köpfen angekündigt, wenig später kommt die Polizei. Mehrere Beamte drängen die Menschen an den Straßenrand und dann kommt er auch schon. Winkend fährt Francisco an uns vorbei und die Menschen schreien vor Begeisterung. Ich sehe ihn für ungefähr zwei Sekunden, dafür war er recht nah und ich konnte ein Foto machen.


Am Sonntag, dem letzten Tag des Papstbesuches findet am Morgen, auf einer riesigen Wiese etwas außerhalb, ein riesiger Gottesdienst statt. Für das Event wurde extra ein riesiger Altar aus Mais gebaut und ein riesiges Gelände vorbereitet. Menschen aus ganz Paraguay und auch den Nachbarländern wie zB Argentinien waren anwesend, die Nachrichten sprachen von mehr als einer Millionen Besuchern. Darunter waren auch viele von den Deutschen. Eigentlich wollten wir auch gehen, Sofi und Ich sind sogar extra früh aufgestanden,  doch letztendlich sind wir dann doch nicht gefahren.


 Dafür habe ich den Papst am Abend noch einmal gesehen. Auf dem Rückweg von einem Asado bei den Großeltern halten wir in einer kleinen Straße im Zentrum und laufen zusammen mit vielen Leuten die Straße runter, bis zur Costanera, einer drei kilometerlangen Promenade am Rio Paraguay, direkt vor den Wiesen des Regierungspalasts. Hier wird der Papst in einigen Minuten eine Rede an die Jugendlichen Paraguays halten. Schon Kilometer vorher ist alles abgesperrt, am Anfang der Promenade ist dann der Eingang zum Gelände. Wir haben extrem viel Glück, wir gehören zu den letzten, die noch rein kommen. Zu dieser Zeit ist es schon recht spät, die Sonne geht langsam unter und wirft die Skyline der Hauptstadt, ebenso wie die Sümpfe in der Bucht von Asuncion in ein wunderschönes Licht. Leider habe ich meine Kamera nicht dabei und kann keine schönen Fotos machen. Doofer weise habe ich auch nur Ballerinas und keine Sportschuhe angezogen, was etwas unpassend ist, da wir die ganze drei Kilometer lange Straße, praktisch runter rennen. Alles ist gut abgesichert; Hubschrauber kreisen am Himmel, Militärboote liegen im Fluss und alle fünf Meter steht ein Polizist oder Soldat. Diese halten dann die Menschenmassen von der Straße weg, als der Papst ankommt und in seinem Auto schnell zur Bühne, am Ende der Straße fährt. Wir stehen in der ersten Reihe und ich kann sogar ein relativ gutes Video machen. Danach beeilen wir uns noch mehr, um nicht ganz hinten stehen zu müssen.


 Es ist wirklich beeindruckend, ich habe noch nie so viele Menschen an einem Ort gesehen. Es sind über 60.000, natürlich vor allem Jugendliche, die sich vor der Bühne aufgestellt haben. Im Hintergrund sieht man die untergehende Sonne und den angestrahlten Palacio, das Geschehen kann man auf riesigen Leinwänden verfolgen. Zum Glück kommen wir grade rechtzeitig zur Rede vom Papst. Obwohl es auf Spanisch ist, verstehe ich überraschend viel. Er redet komplett spontan, weil er meint dass es nichts Langweiligeres gibt als abgelesene Anreden. Es geht um Freiheit (el crazon libre/ das freie Herz) und Solidarität, darum für seine Mitmenschen, vor allem für die Armen und kriminellen, da zu sein und mit der Kraft von Gott ein fröhliches Leben zu führen, in dem es nicht nur um Geld und Ansehen geht. Auch wenn ich nicht wirklich religiös bin gefällt mir die Rede. Die Leute klatschen und applaudieren und dann ist das Ganze auch schon vorbei. Es werden zum Abschluss noch Lieder gesungen und die ganze Menschenmasse versucht auf einmal das Gelände zu verlassen. Es gibt ein riesiges Gedränge.

Da mir bereits vorher ziemlich schwindelig geworden war, setzten wir uns erst einmal hin und warten etwas. Sofi holt mir was zu trinken und nach einem halben Liter Wasser kann ich den Horizont wieder grade sehen. Diese Hitze, zusammen mit zu wenig zu trinken bekommen mir einfach nicht. Zum Glück hat bei der Organisation jemand mitgedacht und es gibt gratis Wasser für alle, was sicher mehr als ein Leben gerettet hat.


Etwas später können dann auch wir raus gehen. Es dauert eine ganze Weile und hätten wir uns nicht an den Händen gehalten wäre sicherlich einer von uns in der Menschenmasse untergegangen, doch irgendwann sind wir wieder auf der Straße und können zum Auto laufen. Vorher jedoch, muss ich noch Fotos machen. Für ein Foto setzt Claudia mich einfach zwischen, um die zwanzig wartende Polizisten. Es war ein bisschen peinlich, doch die Polizisten waren nett! 


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